Rheinmetall-Deal bei Borussia Dortmund: Wenn Sponsoring im Fußball für sh*tstorms sorgt (2024)

Am Dienstagabend sickerte die Meldung durch: Künftig wird der Rüstungskonzern Rheinmetall Werbepartner des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund. Die Vereinbarung soll für drei Jahre gelten und dem Verein jährlich einen einstelligen Millionenbetrag einbringen. Rheinmetall wird auf Banden werben, die Trikotwerbung teilen sich weiterhin das Telekommunikationsunternehmen 1&1 (Bundesliga) und der Chemiekonzern Evonik (Pokal und Champions League).

Die Vereinbarung von Klub und Rüstungskonzern dürfte einiges an Kritik hervorrufen, in den sozialen Medien wurde der BVB bereits angegriffen. Es ist nicht das erste Mal, dass ein Fußballverein mit der Wahl eines Werbepartners für Unmut sorgt. Hier die wichtigsten Fälle.

Eintracht Braunschweig und Jägermeister (1973)

Rheinmetall-Deal bei Borussia Dortmund: Wenn Sponsoring im Fußball für sh*tstorms sorgt (1)

Am 24. März 1973 lief erstmals ein Bundesligist mit Werbung auf: Das Trikot Eintracht Braunschweig zierte das Firmenlogo von Jägermeister, ein Hirsch. Vorangegangen war eine monatelange Auseinandersetzung mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB), der Trikotwerbung verboten hatte. Doch den Braunschweigern und dem Chef des Schnapsherstellers, Günter Mast, der im SPIEGEL-Interview freimütig zugab, keine Ahnung von Fußball zu haben, kam eine Idee: Der Verein ersetzte den Löwen in seinem Logo mit dem Hirsch des Kräuterlikörherstellers – und umging damit das DFB-Veto. Am 27. Oktober 1973 erlaubte der DFB allen Vereinen die Trikotwerbung. Der Löwe kehrte erst 1987 in das Braunschweig-Wappen zurück.

FC Homburg und London-Kondome (1988)

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Prüderie bewies der DFB Ende der Achtzigerjahre: Der saarländische FC Homburg war gerade in die Bundesliga aufgestiegen und unterzeichnete einen Werbedeal mit dem Gladbacher Kondomhersteller »London Rubber Company«. Kondomwerbung auf dem Trikot war dem Verband zu schlüpfrig, sie verstoße gegen »Ethik und Moral im Sport«, hieß es, der DFB drohte mit Punktabzug. Der Verein lief daraufhin mit einem schwarzen Balken auf der Brust auf – und erzielte dadurch noch größere Aufmerksamkeit.

Hamburger SV und TV-Spielfilm (1995)

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Es gab Zeiten, da spielte der Hamburger Sportverein noch in der Bundesliga, da galt sogar ein 12. Platz als peinlich schlecht für den Klub. Zum Ende der Saison 1994/1995 untersagte der Hauptsponsor, die Verlagsgruppe Milchstraße, das Logo von TV-Spielfilm auf dem Trikot zu tragen. Angesichts der Leistungen der eigentlich mit Uefa-Cup-Ambitionen gestarteten Kicker gebe es keine Werbewirkung für den Sponsor mehr. Die Aktion sorgte für Aufmerksamkeit, und Fans erinnern sich mit Sehnsucht an den sicheren Bundesliga-Mittelefeldplatz ihres Vereins.

FC St. Pauli und Jack Daniel's (1997)

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Lokalrivale St. Pauli sorgte zwei Jahre später für einen Aufschrei: Die Kiezkicker nahmen die Whiskey-Marke »Jack Daniel's« auf ihr Trikot. Fußball und Hart-Alk, das passt nicht zusammen, fanden viele. Inzwischen wäre das auch gar nicht mehr möglich: Laut den Werbeausschlusskriterien des DFB ist Werbung für Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als fünf Prozent untersagt.

Schalke 04 und Gazprom (2007-2022)

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Als Schalke 04 den russischen Ölkonzern Gazprom als Trikotsponsor zur Saison 2007/2008 vorstellte, flammte bereits Kritik auf, politische Instrumentalisierung und Staatsnähe, Korruption, kriminelle Strukturen, Verantwortung für Umweltschäden. Der SPIEGEL nannte das Engagement »Desinformation oder Propaganda«, denn selbstverständlich sei es das Ziel des russischen Gasmonopolisten, sein negatives Image aufzupolieren, um in Europa expandieren zu können. Trotzdem war das Gazprom-Logo fortan viele Jahre auf dem Schalke-Trikot, und erst mit dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022 wurde Gazprom als Sponsor unhaltbar. Die Schalker reagierten für einen Fußballverein erstaunlich schnell, Gazprom wurde im März 2022 durch das Wohnungsunternehmen Vivawest ersetzt.

RB Leipzig und Red Bull (seit 2009)

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Am 8. August 2009 bestritt der frisch gegründete Fußballklub RasenBallsport Leipzig sein erstes Spiel. Dies sei ein Verein, »wie es ihn hierzulande noch nicht gegeben hat – und wie es ihn eigentlich auch nicht geben dürfte«, urteilte 2012 Christoph Biermann in einer Kolumne für 11FREUNDE und den SPIEGEL. Zu offensichtlich, dass der Verein vor allem gegründet wurde, um mehr Getränkedosen zu verkaufen. »Viel eindeutiger als RB Leipzig kann man kaum gegen den Geist der 50+1-Regel verstoßen«, schrieb Biermann weiter über Vereinsstruktur. Zugelassen wurde der Verein nach einigen Hakeleien dennoch, doch mit dem sportlichen Erfolg wurde der Protest leiser, heute ist RB Leipzig zwar nicht sonderlich beliebt, spielt aber erfolgreich in Bundesliga und Champions League.

Werder Bremen und Wiesenhof (2012)

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Die Entscheidung von Werder Bremen, einen Massen-Geflügelzüchter aufs Trikot zu heben, sorgte 2012 für einen veritablen sh*tstorm. Wiesenhof würde vor allem Fleisch aus Massentierhaltung anbieten, lautete die Kritik , die Tierschutzorganisation Peta entwarf Protesttrikots, Gegner des Sponsors sammelten sich in einer Facebook-Gruppe. Der SPIEGEL ulkte, dass Bremen-Profis zukünftig in Käfigen gehalten und mit Fischmehl gemästet würden. Mittlerweile bietet Wiesenhof auch viele Fleischersatzprodukte an und profitiert vom Veggie-Boom.

FC Bayern München und Qatar Airways (2018-2023)

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Unmut über die Partnerschaft des FC Bayern mit der staatlichen Fluggesellschaft des Emirats Katar schwelte bereits seit dessen Verkündung: Die Golf-Autokratie nehme es mit der Einhaltung von Menschenrechten nicht so genau, außerdem herrschten auf den Baustellen für die Fußball-WM 2022 teils menschenunwürdige Bedingungen. Die Bayern fuhren zu Trainingslagern in das Emirat, Qatar Airways stand zudem auf den Ärmeln der Trikots. Der Protest nahm mit dem Näherrücken der Weltmeisterschaft zu, als bekannt wurde, dass beim Bau der WM-Stadien, Flughäfen, Straßen und Hotels Tausende Gastarbeiter zu Tode gekommen waren. Der Verein reagierte zunächst mit Worthülsen und Halbwahrheiten, 2023 endete die Zusammenarbeit.

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VfB Stuttgart und Winamax (2023)

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Seit vergangenem Sommer ist ein Onlinewettanbieter mit Sitz in Paris Trikotsponsor des VfB Stuttgart, dafür wurde der Klub von den eigenen Anhängern massiv kritisiert. Das Engagement ist kein Einzelfall, der FC Bayern kooperiert mit Tipico, Borussia Dortmund mit Bwin, Union Berlin und Werder Bremen mit lokalen Spielbanken, Zweitligist Hertha BSC hat den maltesischen Onlinesportwettenanbieter Crazy Buzzer als Trikotsponsor. In Deutschland gelten 1,4 Millionen Menschen als spielsüchtig. Laut manager magazin machen Spielsüchtige 30 bis 40 Prozent des gesamten Sportwetten-Umsatzes aus. Fans und andere Initiativen plädieren immer wieder für Werbeverbote für Glücksspiel im Fußball. Der DFB erwähnt das auch in seinen Werbeausschlusskriterien, es geht allerdings nur um wenige Einschränkungen für Anbieter, die nicht in Deutschland lizenziert sind.

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